„Ich werde aus diesem Rollstuhl wieder aufstehen.“

Vor 20 Jahren hatte Hannes Kinigadner einen schweren Motorradunfall und ist seitdem hoch querschnittsgelähmt. Der Tiroler ist der Grund, warum es Wings for Life und den Wings for Life World Run gibt. Das ist seine und unsere Geschichte.

„Ich bin von den Schultern abwärts gelähmt. Von da an kann ich nichts mehr spüren und nichts mehr bewegen. Also nicht meine Beine, nicht meine Hände – nicht einmal einen Finger kann ich rühren.” - Hannes Kinigadner

Der Tag, der alles veränderte

Es ist der 26. Juli 2003. Hannes Kinigadner ist erst 19 Jahre alt, als er bei einem Benefiz-Motocross-Rennen in Österreich an den Start geht. „Ich erinnere mich, dass es ein schöner Sommertag war. Mir ging es richtig gut", sagt Kinigadner. Wenige Minuten später startet das Rennen, das sein Leben für immer verändern würde.

In einer schnellen Linkskurve kann er dem Motorrad eines gestürzten Fahrers nicht ausweichen. Er wird über den Lenker geschleudert, prallt mit dem Kopf auf dem Boden auf und bleibt bewegungslos liegen. „Ich erinnere mich noch an jede Sekunde“, erzählt Hannes, „als ich dalag und alle rund um mich zusammen liefen. Ich war beunruhigt und habe jemanden gebeten, mir meine Schuhe auszuziehen. Als man mir sagte, dass die schon ausgezogen worden waren, bekam ich Angst. Ich habe das alles nicht gespürt …“ Hannes Kinigadner wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Er kämpft ums Überleben. Und immer, wenn er zu sich kommt, ist da diese Panik.

Hannes Kinigadner nach seinem Unfall im Krankenhaus. © privat

Als sich sein Zustand stabilisiert hat, wird er zum ersten Mal in einen Rollstuhl gesetzt. „Das weiß ich noch genau“, sagt er mit belegter Stimme. „Da war mir plötzlich bewusst, dass ich wirklich ab dem fünften Halswirbel querschnittsgelähmt bin. Das war der schwärzeste Tag in meinem Leben. Da ist die Welt für mich zusammengebrochen.“

Gibt es eine Heilung?

Hannes ist überfordert, braucht plötzlich ständig Hilfe. Er kann nicht mehr allein essen, nicht mehr allein duschen oder auf die Toilette gehen. „Dieser Unfall hat alles verändert. Meine Privatsphäre war von einem Tag auf den anderen futsch. Und auch meine Flexibilität. Meine Freiheit.“

Seine Familie hilft Hannes, in diesem neuen Leben zurechtzukommen. Doch es ist sein Vater, der zweifache Motocross-Weltmeister Heinz Kinigadner, der den Zustand seines Sohnes so nicht hinnehmen will. Gemeinsam mit seinem Freund, Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz, lässt er Experten auf dem Gebiet der Rückenmarksforschung nach Salzburg einfliegen. Er will einen Status quo erheben und wissen, wo und wie sein Sohn schnellstmöglich geheilt werden kann.

Hannes und Heinz Kinigadner mit Prof. Dr. Dr. Jan Schwab und Wolfgang Illek im Gespräch. © Wings for Life World Run

Die Fakten sind niederschmetternd. „Meine Querschnittslähmung war nicht heilbar“, sagt Hannes. „Die Ärzte und Wissenschaftler erklärten zwar, dass sich verletzte Nervenzellen im Rückenmark regenerieren können, aber auch, dass die Forschung in diesem Bereich komplett unterfinanziert war.“

Hoffnungsträger Wings for Life World Run

Heinz Kinigadner und Dietrich Mateschitz setzen alles in Bewegung und gewinnen Experten, um die Stiftung Wings for Life zu gründen. Die Rückenmarksforschung soll damit vorangetrieben und für Hannes – und alle anderen Querschnittsgelähmten – eine Heilung gefunden werden. „Dafür war und bin ich sehr dankbar. Es motiviert mich und gibt mir Hoffnung“, sagt Hannes.

2008 übernimmt Anita Gerhardter die Geschäftsführung der Stiftung und professionalisiert sie. Sie bringt die richtigen Leute zusammen, schafft eine Schnittstelle zwischen Forschung und Marketing und gibt im Mai 2014 den Startschuss für den ersten Wings for Life World Run. Seitdem haben knapp 1,3 Millionen registrierte Teilnehmer in über 195 Ländern mehr als 43,8 Millionen Euro durch ihr Startgeld und Spenden gesammelt.

Hannes und Heinz Kinigadner mit dem ehemaligen Skirennläufer und Olympiasieger Stephan Eberharter beim App Run Event im Zillertal 2023. © Wings for Life World Run

Heute ist die Stiftung Wings for Life weltweit angesehen, vereint die schlauesten Köpfe der Wissenschaft und fördert aussichtsreiche Projekte mit Millionenbeträgen mit dem Ziel eine Heilung für Querschnittslähmung zu finden.

Die Spenden, die über den Wings for Life World Run generiert werden, sind eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stiftung. Zudem ist das globale Laufevent ein einzigartiger Hoffungsträger für alle Betroffenen. Jedes Jahr im Mai wird sichtbar, wie groß die Wings for Life World Run Community mittlerweile geworden ist und wie viele Menschen die Stiftung und deren Forschungsarbeit unterstützen.

Dank Wings for Life und dem Wings for Life World Run ist es nicht mehr eine Frage ob, sondern nur mehr noch wann, eine Heilung für Querschnittslähmung gefunden wird. Doch Forschung braucht einen langen Atem. Das ist auch Hannes Kinigadener klar. „Natürlich bin ich manchmal ungeduldig. Aber ich weiß auch, dass sich in der Forschung gerade richtig viel bewegt.“

Endlich wieder frei sein

Wie sein Vater Heinz Kinigadner ist auch Hannes immer noch begeistert vom Motorsport. Die beiden reisen gern. Hannes trainiert regelmäßig und arbeitet im Familienunternehmen. Auch nach zwanzig Jahren hat die Geschichte von Hannes nichts von ihrer Schwere, aber auch nichts von ihrer Kraft und nichts von ihrer unerschütterlichen Hoffnung verloren. „Ich bin mir sicher, dass ich wieder aus diesem Rollstuhl aufstehen werde“, sagt er. „Wenn es so weit ist, werde ich wieder ein normales Leben führen und froh sein, dass ich wieder selbständig bin. Dass ich keinen Rhythmus mehr brauche. Dass ich flexibler bin. Dass ich frei bin.“

Wer Hannes und allen anderen Betroffenen weiterhin Mut machen und Hoffnung schenken möchte, kann sich hier für den Wings for Life World Run Wien oder für den App Run anmelden und am 5. Mai für alle laufen, die es nicht können.

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